Skip to main content

Unsere Zukunft auf dem Teller

Immer mehr Menschen beginnen zu erahnen, welche sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme unsere Nahrungsmittelversorgung hier vor Ort und weltweit verursacht. Während die Industrialisierung unseres Ernährungssystems durch neue Produktionsmethoden, den Einsatz von Pestiziden und synthetischem Düngemittel, Massentierhaltung und Monokulturen zunächst Effizienz versprach und die Erträge steigen ließ, um die wachsende Bevölkerungsanzahl zu ernähren, so zeigen sich nun immer mehr die negativen Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt. Laut Weltklimarat (IPCC) entstehen mindestens 22 % der globalen Emissionen durch unsere Ernährung. Wasserverschmutzung, Bodenerosion, Entwaldung und der damit einhergehende Verlust der Artenvielfalt stellen weitere Folgen für unsere Umwelt dar. Massentierhaltung führt zu unwürdigen Haltungsbedingungen und Tierleid und auch unsere Gesundheit leidet unter unserer Ernährungsweise. Allein in Deutschland sind rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig, ernährungsbedingte Krankheiten nehmen zu. Gleichzeitig leiden weltweit laut Welthungerindex 828 Millionen Menschen an chronischem Hunger, 2,4 Milliarden Menschen sind mangelernährt – Tendenz steigend. Selbst die Hauptaufgabe unseres Ernährungssystems – uns Menschen zu ernähren – wird nicht adäquat erfüllt.


Dabei ist die Menge an verfügbaren Nahrungsmitteln nicht das Problem, schon jetzt könnten wir 10 Milliarden Menschen ernähren. Vielmehr sind Armut, die Marktmacht einzelner Konzerne, Landenteignungen und Vertreibungen von Kleinbäuer*innen zentrale Ursachen unseres Hungerproblems. Welche Folgen unser industrielles Ernährungssystem hat, bekommen wir jedoch häufig nicht mit. Wie Produkte, die wir im Supermarkt kaufen können, produziert wurden, ist meist nicht nachvollziehbar. Diese Intransparenz erschwert jedoch massiv die Möglichkeiten von uns Bürger*innen uns gesund und nachhaltig zu ernähren. Dabei ist es zentral, dass sich unser Konsum verändert und nachhaltiger wird und wir die Umgestaltung unseres Agrar- und Ernährungssystems unterstützen, um die verheerenden Folgen unserer Ernährung einzudämmen. Und die Richtung ist eindeutig, wie unser Zukunftsmenü aussehen sollte: regional, saisonal, weniger tierische Produkte, mehr Produkte aus ökologischer Landwirtschaft, weniger Lebensmittelverschwendung.

Damit wir Bürger*innen uns an diesen Merkmalen orientieren können, bedarf es jedoch mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette. Aus diesem Grund setzen sich Ernährungsräte in Deutschland, so auch in Oldenburg, für mehr Ernährungsdemokratie ein.
Ernährungsräte bauen Netzwerke aus Bürger*innen, Akteur*innen aus der Landwirtschaft, dem Lebensmittelbereich und der Politik auf, organisieren Projekte zur Ernährungsbildung und setzen sich dafür ein, dass politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen nachhaltigen Konsum ermöglichen. Wir wollen wieder mitbestimmen können, was auf unserem Teller landet – nur so lässt sich ein Ernährungssystem aufbauen, das alle Menschen jetzt und auch in Zukunft gesund und gut ernähren kann.

 

Judith Busch ist Koordinatorin des Ernährungsrats  Oldenburg und Vorstandsmitglied von FIAN Deutschland. Die internationale Menschenrechtsorganisation kämpft für die weltweite Verwirklichung des Rechtes auf Nahrung.

02.10.23 17:39:22